Die DEUTSCH – BRITISCHE JURISTENVEREINIGUNG e.V.
und die BRITISH GERMAN JURISTS’ ASSOCIATION

Cheltenham Konferenz
9 – 11 May 2008

Friday 9th May 2008

  • 09.15 Hrs Expected Bus departure time from London Heathrow
  • 11.15 Hrs Arrive Cheltenham
  • 12.30 Hrs Conference registration and Buffet Lunch at The Queens Hotel Cheltenham.
  • German Committee meeting
  • 14.30 Hrs Session 1

Conference 1: “Invasion of privacy by the State”

Venue: Queens Hotel Cheltenham

  • 16.00 Hrs Tea/coffee break
  • 16.30 Hrs Discussion
  • 17.00 Hrs Session ends
  • 19.30 Hrs Conference dinner ( inc. wine) The Daffodil Restaurant.

Saturday 10th May 2006

  • 09.30 Hrs Session 2

Conference 2: “Corporate Governance”

Venue: Queens Hotel Cheltenham

  • 11.00 Hrs Coffee break
  • 11.30 Hrs Discussion
  • 12.00 Hrs Session ends
  • 12.15 Hrs Coaches Depart for Tour of the Cotswolds Stopping at Sudgley Castle (to be confirmed ), Lunch at Three ways house ( Home of the Pudding Club ) and a stop to walk off the Lunch.
  • Return to conference hotel 17.00 Hrs.
  • 18.30 – 20.00 Hrs Jazz, Wine & Canapes In the Queens Hotel
  • Evening Free

Sunday 11th May 2006

  • 08.30 Hrs Joint committee breakfast meeting (Committee members only)
  • 10.00 Hrs Session 3

Conference 3:”Investing in property”

Venue: Queens Hotel Cheltenham

  • 11.30 Hrs Coffee break
  • 12.00 Hrs Discussion
  • 12.30 Hrs Conference ends
  • 14.30 Hrs Bus departs for London Heathrow

Further Details

Christian Nordholtz

Die Kurstadt Cheltenham war vom 9. bis 11. Mai Tagungsort der Deutsch-Britischen Juristenvereinigung. Rund sechzig Juristen diskutierten zu den Themen “Invasion of privacy by the State”, “Corporate Governance” und “Investing in property”.

Wer als Teilnehmer in Cheltenham ankam, durfte zunächst durch sechs große weiße Säulen das Queens Mercure Hotel betreten. An der Rezeption begrüßte die Vorsitzende der britischen Schwestervereinigung Frau Dr. Sybille Steiner jeden Teilnehmer persönlich und die Tagung begann nach einem Brunch mit der ersten Session.


Invasion of privacy by the State
Frances Anderson eröffnete die erste Session mit ihrem Referat über die Eingriffe des Staates in die Privatsphäre. Sie ist Partnerin der britischen Kanzlei Cobbetts LLP. In ihrem Vortrag ging sie auf die drohende Entwicklung hin zum Überwachungsstaat ein und illustrierte den gesellschaftlichen Wandel anhand von Technologieentwicklungen, wie z.B. Closed-Circuit Television (CCTV). Im Anschluss folgte Peter Schaar, der seit 2003 Bundesdatenschutzbeauftragter in Deutschland ist. In einer lebendigen und freien Rede skizzierte er die Lage des Datenschutzes in Deutschland. Der Bundesdatenschutzbeauftrage vertrat in seinem Vortrag die These, dass Demokratie nicht mit einem Überwachungsstaat vereinbar ist. Zudem wies er auf die Ineffizienz einzelner Überwachungsmethoden hin. Als Beispiel nannte er das von Frau Anderson bereits angesprochene CCTV, welches nach seiner Einschätzung in der Praxis weder effizient bei der Aufklärung helfe, noch als Abschreckung diene. Aus seiner Erfahrung als Datenschutzbeauftragter wisse er, dass selbst die Polizei keinen Nutzen in dem Aufstellen von Überwachungskameras sieht. Effizienter ist es nach seiner Ansicht zusätzliches Personal einzustellen. In der sich anschließenden Diskussion befassten sich die Teilnehmer mit den Unterschieden in der Einschätzung staatlicher Überwachung durch Deutsche und Briten. Dabei wurden die Deutschen von Peter Schaar als für den Datenschutz sensibilisierter eingeschätzt. Dies rühre auch aus den Erfahrungen mit der Überwachung in der DDR. Weitere Diskussionspunkte waren die Auswirkungen der Entwicklung der Europäischen Union auf den Datenschutz in Großbritannien und Deutschland, das in Deutschland eingeführte neue sog. Computer-Grundrecht und der als „Orwellness“ bezeichnete neue Trend zur unbesorgten und unbeschränkten Weitergabe von allen persönlichen Daten. Überraschenderweise sei eine solche Orwellness, trotz der allgemeinen Furcht vor staatlicher Ausspähung, gerade im Internet zu erkennen. Als Beispiele wurden facebook.com und studivz.de genannt. Durch die Diskussion führte der Cobbetts LLP Partner, Jan Becher.
Am Abend kamen die Juristen zu einem gemeinsamen Abendessen im Daffodil Restaurant zusammen. Das ursprünglich als Kino errichtete Daffodil-Gebäude bot mit einem großen Hauptsaal, einer hohen Decke und der besonderen Beleuchtung ein besonderes Ambiente für den Abend.

Corporate Governance
She is company law“, sagte Lord Hoffmann um The Right Honourable Lady Justice Arden vorzustellen, mit deren Vortrag die zweite Session am Samstagmorgen beginnen sollte.
Lady Justice Arden ist seit 2000 eine der ersten Richterinnen am Court of Appeal, sie war Mitglied der sog. Steering Group of the Company Law Review 1998 bis 2001 und hat zudem zahlreiche Veröffentlichungen zum Company Law publiziert. Der vollständige Titel dieser Session war „Corporate Governance: Directors’ Duties, Financial Reporting and Liabilities“ und wurde moderiert von niemand geringerem als Lord Hoffmann. In England gäbe es verhältnismäßig wenig gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten vor Gericht, wurde von Lord Hoffmann einleitend dargestellt. Nach seiner Ansicht liegt dies nicht nur an den hohen Verfahrenskosten, sondern auch an dem englischen Gesellschaftsrecht, welches „particular good“ sei. Mit einem Schmunzeln zu diesem Kommentar übergab er das Wort an Lady Justice Arden.
Lady Justice Arden begann ihr Referat zur Reform des Gesellschaftsrechts mit einem Zitat. „It was a damn close-run thing“, zitierte sie den Duke of Wellington. Derart kommentierte der britische Feldherr den Sieg über Napoleon in der Waterloo-Schlacht. Nach Ansicht von Lady Justice Arden gelte gleiches für die abgeschlossene Reformdebatte des englischen Gesellschaftsrechts. Die Erarbeitung des Companies Act 2006, der „CA 2006“ abgekürzt wird, dauerte lange und wurde von ihr als sehr mühselig beschrieben. Das Ergebnis sei aber ein Erfolg. Das Gesetz ist mit 1300 Paragraphen das umfangreichste Gesetz in England. Als Gründe für die Erstellung des CA 2006 nannte sie unter anderem den Wunsch nach weitergehender Kodifizierung im Gesellschaftsrecht. Kodifiziert werden sollten zum Beispiel die Derivative Actions (nun „Derivative Claims“ nach CA 2006 ss. 260 ff.) und die Directors Duties (s. CA 2006 ss. 170 ff.). Das damit verbundene Ziel war es, das Gesellschaftsrecht zu vereinfachen, von der Last des komplexen Case Law zu befreien und dadurch das Recht für die Praxis handhabbarer zu gestalten. Ferner sollte der rechtliche Rahmen für kleine Unternehmen flexibler gestaltbar gemacht werden. Angestrebt war sowohl die Sprache, als auch den Inhalt des Gesellschaftsrechts an die Zeit anzupassen. Rechtspolitische Änderungen wurden ebenfalls eingeführt, wie beispielsweise die Einführung des „enlightened shareholder value“ als Maßstab für die in CA 2006 s. 172 (1) kodifizierte Director Duty. Nach dem sog. „enlightened shareholder value“ hat ein Director nicht wie bisher die Pflicht vor allem die Interessen der Aktionäre und der Angestellten zu beachten, sondern hat nun ebenfalls andere Interessengruppen ausdrücklich gegeneinander abzuwägen. Dies sind beispielsweise die Interessen der Kunden und Zulieferer, aber auch die Auswirkungen auf die Umwelt und die Gemeinschaft sollen einbezogen werden. Sodann ging Lady Justice Arden auf die weiteren kodifizierten Directors Duties ein, welche bereits in Kraft getreten sind, i.e. CA 2006 ss. 170 bis 174. Zudem stellte sie die sog. Derivative Claims nach CA 2006 ss. 260 ff. dar. Dies sind abgeleitete („derivative“) Gesellschafterklagen, wonach ein Gesellschafter für die Gesellschaft Klage erheben kann, wenn der Director sich eine Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft zu Schulden hat kommen lassen.
Für die deutsche Seite referierte Prof. Dr. Peter Hommelhoff. Der Rechtsprofessor Dr. Hommelhoff ist seit November 2007 Partner im Frankfurter Standort der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG. Er war vorher Rektor der Heidelberger Ruprecht-Karls-Universität und leitete das dort ansässige Institut für deutsches und europäisches Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht.
Zunächst stellte Prof. Dr. Hommelhoff die geschichtliche Entwicklung von Corporate Governance in Deutschland dar. In Deutschland sei der aus den anglo-amerikanischen Jurisdiktionen stammende Trend zu Corporate Governance anfangs sehr zurückhaltend aufgenommen worden. Als Grund nannte Prof. Dr. Hommelhoff, dass man die damit verbundenen juristischen Herausforderungen mit den bewährten Methoden lösen wollte. Für die Entwicklung des Investorenschutzes verwies Prof. Dr. Hommelhoff auf die Ursprünge im 19. Jahrhundert. Zahlreiche Verluste durch risikobehaftete Spekulationen führten nach dem französisch-deutschem Krieg zu ersten Bemühungen des Reichstages die Investoren besser zu schützen. Auch der bekannte Rechtwissenschaftler Rudolf von Jhering hielt einen umfangreicheren Schutz für notwendig und noch heute ist seine spitze Bemerkung bekannt, das mehr Kriminelle in Vorständen von deutschen Unternehmen sitzen würden, als in allen deutschen Gefängnissen zusammen. Der Deutsche Reichstag antwortete mit der Novellierung des Aktienrechts in 1884, die noch heute Geltung hat und unter anderem auch die zweistufige Struktur von Aufsichtsrat und Vorstand einführte. Dabei ging Prof. Dr. Hommelhoff auf die geschichtliche Entwicklung der Rolle der Wirtschaftsprüfer ein. Kurz stellte er den Corporate Governance Kodex von 2002 in der geänderten Fassung von 2007 dar. Der Gesetzgeber führt, ähnlich wie in England, keinen Zwang zur Befolgung des Kodexes auf, sondern kodifierzte den „comply or explain-Modus“, wonach eine Gesellschaft entweder den Corporate Governance Regeln folgt oder die Nichtbefolgung zunächst erläutert. Der deutsche Corporate Governance Kodex verfolgt zwei Ziele: Erstens den Schutz von ausländischen Investoren und zweitens das als starr empfundene deutsche Gesellschaftsrecht flexibler zu gestalten. Nach Ansicht von Prof. Dr. Hommelhoff trifft der Kodex auf eine immer größer werdende Akzeptanz in Deutschland. Hauptteil seines Vortrages war sodann die Darstellung der einzelnen Regelungen im Kodex und insbesondere eine eingehende Darstellung der Rolle des Wirtschaftsprüfers im Corporate Governance. In seinem Resümee sagte Prof. Dr. Hommelhoff, dass der Corporate Governance Kodex in Deutschland erfolgreich sei. Der Kodex erfüllt seine Schutzziele. Er beendete seinen Vortrag mit dem Bonmot von Carl Fürstenberg, welches nach seiner Ansicht heute aber keine Geltung mehr habe: “Aktionäre sind dumm und frech – dumm weil sie ihr Geld anderen Leuten geben und frech weil sie dafür auch noch eine Dividende haben wollen”.
Ausflug in die Region Cotswolds
Cotswolds ist die Bezeichnung für die Hochlandregion, in der die Stadt Cheltenham liegt und sie war das Ausflugsziel für den Samstagnachmittag. Auf der Busfahrt sah man bereits, was in den Reiseführern als die typischste britische Gegend bezeichnet wird. Eine Region, in der es besonders hübsche Dörfer mit honigfarbenen Steinhäusern und bemerkenswerten Ausblicken gibt, die einen malerischen Agatha-Christie-Charme ausstrahlt. Zum Lunch ging es ins Restaurant Three Ways House, welches im Ort Cleeve Hill liegt. Der Ausflug umfasste nicht nur eine Bustour durch die Cotswolds, sondern nach dem Lunch auch eine Wanderung auf den bei Cheltenham gelegenen Hügel namens Cleeve Hill, der den höchsten Punkt in den Cotswolds darstellt und einen weiten Blick über die Landschaft gab.
Die Verirrten
Eine Gruppe von einem Dutzend Teilnehmern machte sich auf, anstatt direkt mit dem Bus vom Cleeve Hill zum Hotel zu fahren, den Weg zu Fuß zum Queens Hotel zurück zu finden. Trotz Landkarte und einem Kompass irrten sie am Hügelhang entlang. Sie stießen schließlich gegen 20 Uhr zum Abendessen. Die Rückkehr war nur möglich gewesen, indem die Gruppe die vorgegebene Wege verließ und dabei über Golfplätze und über Motorrad-Rennstrecken wanderte. Besonders abenteuerlich war der Abstieg an einer ungefähr vier Meter tiefen Schlucht, die nur durch gegenseitige Stützhilfen und Handketten möglich war.
Gwyneth Herbert
Mit zwei Stunden Verspätung kam die Wandergruppe zum Abendprogramm. Zu spät um den Worten von Lord Hoffmanns Tischrede zu folgen, aber noch rechtzeitig, um den zweiten Teil des Jazzabends im La Tasca Tapas mitzuerleben. Das obere Geschoss des im Stadtkern von Cheltenham gelegenen lateinamerischen Restaurants wurde für die Juristen zur Bühne vorbereitet. Gwyneth Herbert hieß das Highlight des Samstagabends. Die erst 25-jährige Jazzsängerin nahm ihr Publikum in ihren Bann. Hautnah durften die Juristen miterleben, was die Zeitung The Observer als eine Stimme „that’s a knowing mix of honey, steel and gravel“ beschrieb. Nach zahlreichen Klassikern und auch selbstgeschriebenen Liedern wurde sie dreimal mit Zugaberufen zurück auf die Bühne applaudiert. Sie konnte sich erst aus dem Scheinwerferlicht retten, als sie sich zu den Teilnehmern setzte, um pantominenhaft Richtung Bühne mitzuklatschen. Die mitgebrachten CDs ihres aktuellen Albums hatte sie verkauft, noch bevor sie ihren Wein austrinken konnte.


Investing in property
Der Sonntagmorgen begann mit der dritten Session zum Thema „Investing in property“. Für die britische Seite sprach Dr. Jane Havergal. Sie ist Partnerin bei der britischen Kanzlei Pritchard Englefield.
Ihren Vortrag gliederte Dr. Havergal in drei Teile: Marktanalyse, Darstellung des Investitionsprozesses und eine Schlussfolgerungen. 450 Milliarden britische Pfund umfasste das UK Commercial Property Value im Jahr 2002. Als begehrtester Investitionstyp in den UK nannte sie Bürogebäude. Ausländische Investoren kauften im Jahr 2007 für 16,8 Milliarden Property in den UK, wovon nur 830 Millionen von deutschen Investoren stammten. In ihrem zweiten Teil zum Investitionsprozess stellte sie die verschiedenen Investitionstypen dar, beschrieb den rechtlichen Rahmen der „Occupational Lease“, den Ablauf von Due Dilligences und von typischen Kaufverhandlungen. Ihre Schlussfolgerungen waren, dass die Gewinnmöglichkeiten von der Dokumentationsarbeit der Occupational Lease abhängt und das die richtige Risikoverteilung zwischen den Parteien ausgehend von Due Dilligences entscheidend ist.
Die deutsche Referentin, Dr. Katharina Leue, hob in ihrem Vortrag hervor, dass Deutschland sich im europäischen Schnitt durch eine besonders niedrige Quote an Wohnungseigentümern abhebt. Lediglich 42 Prozent halten das Eigentum an ihrem Haus. Als Grund nannte sie das mieterfreundliche Bürgerliche Gesetzbuch. Nach dieser Marktanalyse stellte sie den rechtlichen Rahmen des deutschen Immobiliarsachenrechts dar. Zudem beschrieb sie die Open-end Funds, die Close-end Funds, das Real Estate Investment Trust Gesetz (REIT-Gesetz) und die sog. Special Funds. In der Diskussion waren für die britischen Juristen von besonderem Interesse die Beurkundungspflicht und die Eigentumsumschreibung durch Eintragung im Grundbuch, welche Frau Dr. Leue zuvor beschrieben hatte. Moderiert wurde die Diskussion von der Vorsitzenden der Deutsch-Britischen Juristenvereinigung, Dr. Inga Schmidt-Syaßen.
Resümee


Die Konferenz in Cheltenham war ein voller Erfolg. Für die drei Sessions konnten prominente Juristen aus Deutschland und England gewonnen werden, die mit ihren Vorträgen ausgesprochen interessante Diskussionen anregten. Darüber hinaus wird den Teilnehmern insbesondere die malerische Landschaft rund um Cheltenhem in Erinngerung bleiben, die sie bei wolkenfreiem Himmel und Sonnenschein von seiner schönsten Seite erleben durften.
Der Artikel wurde geschrieben von Christian Nordholtz. Der 26-jährige bedankt sich herzlichst bei den Mitgliedern der Deutsch-Britischen Juristenvereinigung für das großzügige Konferenzstipendium und die schöne Zeit in Cheltenham.
christian.nordholtz@law.ox.ac.uk